Bei der CDU-Regionalkonferenz gestern Abend im thüringischen Seebach fand Friedrich Merz seine Stimme wieder. Der Kieselstein der vergangenen Tage feierte als Merkels Stolperstein sein Comeback. Beim Thema innere Sicherheit – einfache Mitglieder hatten vom Gefühl der Unsicherheit auf Deutschlands Straßen berichtet – rechnete er mit der amtierenden CDU-Vorsitzenden und Bundeskanzlerin Angela Merkel ab, freilich ohne dass es nach Abrechnung klang.
Merz über den deutschen Asylparagrafen: „Ich bin seit langem der Meinung, dass wir darüber reden müssen, ob wir dieses Asylrecht behalten wollen.“
…über die Sicherung der Binnengrenzen: „Binnengrenzen kann man nur dann aufgeben, wenn Außengrenzen geschützt werden.“
…über den Islam in Deutschland: „Eine Religion wie der Islam hat nicht das Recht, Kinder in einem Kulturkreis groß werden zu lassen, wo sie gegen die Bundesrepublik ausgerichtet werden.“
...über die Rechtsstaatlichkeit: „Wir müssen konsequenter werden in der Anwendung unseres Rechtsstaates. So wie wir uns in den vergangenen Jahren gezeigt haben, machen wir uns selbst lächerlich.“
Da hatte es selbst Jens Spahn schwer, hinterherzukommen. Merz schnappte ihm vor laufender Kamera seinen „Unique Selling Point“ weg, wie es Marketing-Leute nennen würden. Merz kann froh sein, dass die CDU eine Partei ist und kein Produkt. Sonst würden jetzt die Wettbewersbehörden wegen der Verletzung des geistigen Urheberrechts gegen ihn ermitteln.
Annegret Kramp-Karrenbauer, die sich tapfer zum UN-Migrationspakt und damit zur Bundeskanzlerin bekannte, stand auf verlorenem Posten. Wenn das Klatschen von Parteimitgliedern den Herzrhythmus einer politischen Organisation ausdrückt, dann schlug das Herz für AKK eher schwach. Wenn das Migrationsthema an Wucht und Fahrt gewinnt, diese Prognose sei hier gewagt, landet ihre Kandidatur auf der Intensivstation.
Merz wiederum, der bei diesem Thema glaubwürdig, aber nicht übereifrig wirkte, fügte seiner unbestrittenen Wirtschaftskompetenz als zweites Erkennungsmerkmal eine wohltemperierte Rechtsstaatlichkeit hinzu. Er war deutlich, aber nicht schrill. Er klang konservativ, aber nicht bieder. Seine Positionen waren populär, aber nicht populistisch. Die CDU müsste verrückt sein, wenn sie ihren verlorenen Sohn erneut in die Wüste schickte. |